In den vergangenen Tagen hat sich die Bildung eines Zyklons im Golf von Bengalen bereits angekündigt. Heute hat das System nun erstmals klare Strukturen aufgewiesen und Sturmstärke erreicht – Kriterien, die zur Benennung eines Tropensturms erforderlich sind. Der Sturm wurde auf den Namen Mocha getauft und zieht in den kommenden Tagen nordwärts, zum Wochenwechsel wird er die Küste von Myanmar und Bangladesch erreichen.
Das Unheil nimmt seinen Lauf...
Es hat sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet, nun steht die Katastrophe kurz bevor. Zyklon Mocha (als Mocha ausgesprochen) steuert in diesen Stunden auf die Grenzregion von Bangladesch und Myanmar zu und wird im Verlauf des Sonntags auf Land treffen. Das Sturmsystem ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Auf der nachfolgenden Abbildung sieht man ein gut ausgebildetes Auge des mittlerweile als Kategorie 5 (von 5) geltender Tropensturms.
Abb. 1: Infrarotbild von Mocha, tiefe Temperaturen zeigen eine hohes Wolkentop; Quelle: CIMSS
Aktuell weist Mocha Windgeschwindigkeiten von 240 km/h auf, wobei 1-minütige Böenspitzen sogar knapp 300 km/h erreichen. In den nächsten Stunden wird er voraussichtlich diese Intensität beibehalten, bevor er sich vor dem Landgang aufgrund hoher Windscherung und der Interaktion mit den Landflächen etwas abschwächen dürfte. Das Auge wird voraussichtlich am Sonntagnachmittag/-abend (früher Sonntagnachmittag in der Schweiz) in der Nähe von Sittwe auf Land treffen. Derzeit wird zum Zeitpunkt des Landgangs mit einem Tropensturm der dritten oder vierten Kategorie gerechnet – in Küstennähe also Maximalwinde von über 200 km/h. Nebst verheerenden Schäden durch die Winde drohen weitere Gefahren. Einerseits muss von einer extremen Sturmflut mit einigen Metern Höhe und Starkregen mit lokal mehreren hundert Litern Regen pro Quadratmeter gerechnet werden. Dies ist eine besonders fatale Kombination, denn das Küstengebiet ist relativ flach, dicht bevölkert und in einem Flussdelta mit Sumpfgebieten. Zudem drohen in den relativ nahen Hügeln Hangrutschungen. Auch wenn die Evakuierungen derzeit auf Hochtouren laufen, wird es leider nicht gelingen alle Personen in Sicherheit zu bringen. Es muss grosses Leid mit vielen Todesfällen befürchtet werden.
Abb. 2: So könnte das Windfeld kurz vor dem Landgang aussehen; Quelle: Tropical Tidbits
Ein trauriger Blick in die Geschichtsbücher
Seit 1970 haben in dieser Region gleich drei verschiedene Zyklone jeweils mehr als 100'000 Todesopfer gefordert. Der global tödlichste Zyklon traf am 12. November 1970 weiter westlich auf das Gangesdelta und forderte mit einer extremen Sturmflut zwischen 300'000 und 500'000 Menschenleben. Auch der 1991-Bangladesch-Zyklon gehört mit seinen 140'000 Todesopfern zu den tödlichsten Tropenstürmen weltweit. Vor 15 Jahren traf Zyklon Nargis – verglichen mit Mocha – etwas südlicher in Myanmar auf Land und zerstörte tausende Häuser, rund 100'000 Menschen kamen ums Leben.
Die Aufzählung jener Stürme zeigt die grosse Verwundbarkeit dieser Region – auch diesmal wird es wohl nicht viel anders sein...
Tropensturm Mocha im Golf von Bengalen
Schon vor mehr als einer Woche haben globale Wettermodelle für Ende dieser Woche einen potentiell starker Zyklon im Golf von Bengalen angedeutet. Zwischen den Modellen und auch den einzelnen Berechnungen jeweiliger Modelle war eine genaue Zugbahn und damit auch eine Einschätzung der Zyklonstärke nicht eindeutig. Dies ist nicht ungewöhnlich, denn solange das System noch kein definiertes Zentrum aufweist, wird je nach Modell ein etwas unterschiedlicher Kern- und Startpunkt für die Berechnungen verwendet. Über den Zeitraum von teils deutlich über einer Woche werden damit die anfänglich kleinen Unterschiede der einzelnen Modelle zu immer grösseren Differenzen. Nun mit fortschreitender Zeitdauer und der Entwicklung zum Tropensturm Mocha ergeben sich immer konkretere Ansätze. Nachfolgendes Satellitenbild zeigt die derzeitige Situation über dem Golf von Bengalen.
Abb. 1: Tropensturm Mocha über dem Golf von Bengalen, aufgenommen vom Satellit Himawari-9; Quelle: Tropical Tidbits
Was prognostizieren die Wettermodelle?
In einem sind sich die Modelle einig – der aktuelle Tropensturm wird sich über der warmen Meeresoberfläche rasch verstärken und bald den Status eines Zyklons erreichen, vermutlich sogar noch heute. Ein Zyklon ist ein tropischer Wirbelsturm, welcher 1-minütige Durchschnittswinde von mindestens 119 km/h aufweist. Je nach Region wird er auch als Hurrikan oder Taifun bezeichnet.
Abb. 2: Oberflächentemperaturen von mehr als 30 Grad fördern eine rasche Verstärkung von Mocha; Quelle: CIMSS
Wo und wann der Zyklon auf Land treffen wird ist aber nach wie vor mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Es deutet aktuell vieles auf die Region zwischen Sittwe und Pathein im myanmarischen Bundesstaat Rakhaing hin. Aber auch der äusserste Osten von Bangladesch liegt weiterhin in der möglichen Gefährdungszone. Nach den meisten Modellen wird der Landgang zwischen Sonntag und Montag erwartet.
Abb. 3: Mögliche Zugbahnen und Stärken des Zyklons gemäss Ensembles vom GFS-Modell; Quelle: Tropical Tidbits
Wie stark wird Mocha?
Diese Frage wird derzeit heiss diskutiert, denn es spielen gleich mehrere Faktoren eine entscheidende Rolle. Die Oberflächentemperatur des Meeres ist das eine, hier sind typischerweise Werte ab 27 Grad förderlich für die Bildung und Verstärkung eines Tropensturms. Wie in der zweiten Abbildung zu sehen ist, bewegt sich der Zyklon über deutlich wärmere Gewässer. Dies spricht für eine rasche Intensivierung. Einer der grössten Gegenspieler eines vertikal ausgedehnten Systems (wie Mocha eines ist) ist die Windscherung. Diese beschreibt die unterschiedlichen Windrichtungen und -stärken in den verschiedenen Höhenstufen der Atmosphäre. Je stärker sich die Winde unterscheiden, desto eher wird das Sturmsystem auseinander gezogen und damit gestört. Momentan ist die Windscherung eher gering und somit kaum hinderlich an einer weiteren Verstärkung von Mocha (in der nachfolgenden Abbildung als grüne Linien gezeichnet, momentaner Ort von Mocha in orange). Dies wird sich aber in den kommenden Tagen ändern. Je nördlicher der Zyklon kommt, desto höher wird die Windscherung (in der nachfolgenden Abbildung als rote Linien gezeichnet). Dies könnte Mocha vor dem Landgang noch etwas abschwächen. Momentan wird im Moment des Landgangs von einem Zyklon der zweiten oder dritten Kategorie ausgegangen mit Windgeschwindigkeiten von etwa 200 km/h.
Abb. 4: Windscherung über dem Golf von Bengalen. Grün weist auf wenig, rot auf starke Scherung hin; Quelle: CIMSS
Mögliche Auswirkungen
Die starken Winde in Kombination mit viel Regen in kurzer Zeit sowie die dicht besiedelten Küstenregionen machen diese Region besonders anfällig. Zudem muss mit einem hohen Wellengang gerechnet werden. Das europäische Modell sieht im direkt betroffenen Gebiet kombinierte Flut- und Wellenhöhen von gegen 10 Metern voraus. Es wird gebietsweise also zu grossen Schäden und Leid kommen.
Abb. 5: Kombinierte Flut- und Wellenhöhe zum Zeitpunkt des Landgangs gemäss ECMWF; Quelle: Tropical Tidbits